Wie so viele in letzter Zeit bin auch ich weg von Canon hin zur spiegellosen Fujifilm-Systemkamera und möchte euch meine Eindrücke, die ich jetzt die ersten vier Monate, mit insgesamt an die 30 Shootings und 6 Hochzeiten gemacht habe.
Ein Kamera-System-Wechsel ist so
ähnlich wie der Wechsel seines Partners/seiner Partnerin.
Man kennt sich über 20 Jahre, kennt die Stärken
aber auch die Macken, weiß mit diesen umzugehen, kann sich blind verlassen…
Und warum dann ein Systemwechsel?
Jetzt muss ich kurz
ausholen: Ich
habe die letzten Jahre mit einer 6D gearbeitet und die 5D Mark II, die mir sehr viele Jahre treue Dienste geleistet hatte, war mein Ersatz-Body. Der Grund warum ich mir damals einen neuen Body
gekauft hatte war das Rauschverhalten bei höheren Iso-Werten. Damals kam die 5D Mark III raus und ich wollte noch ein wenig warten bis der Preis gesunken ist. Dann wurde die 6D gelaunched und ich
habe stundenlang das Internet durchforstet, was jetzt außer den mehreren Messfeldern und den doppelten Karten-Slot für mich die 1.000 EUR mehr rechtfertigen würden, die die Mark III kosten würde.
Ich fand keinen und so entschied ich mich für die 6D. Mein Objektivpark war meine Lieblingslinse 50mm 1.2, das 85mm 1.8, 24-70mm 2.8 L und das 70-200mm 2.8 L. Also die Top-Objektive die teuer und
zugleich sehr schwer sind.
Ich war immer zufrieden mit der 6D, aber
insgeheim strebt man ja immer nach Neuem, Besserem. Und so war klar, dass die 5D Mark IV das Objekt meiner Begierde sein würde. Als diese dann auf den Markt kam und Canon 4.000 EUR nur für diesen
Body haben wollte, wusste ich, dass ich diese Preisspielchen nicht mehr mitmachen würde. Die Verbesserungen der Mark IV waren in meinen Augen nicht so exorbitant dass ich mich finanziell dermaßen
aus dem Fenster lehnen wollte.
So begab ich mich auf die Suche nach einer gebrauchten 5D Mark III mit wenig Auslösungen und einen fairen Preis. Ich hatte schon eine gefunden, doch wurde sie mir vor der Nase weggeschnappt. Und
so kam ich auf der Suche durchs Netz immer mal wieder auf Blogs von Fotografen mit Berichten über Systemwechsel. Immer öfter las ich Fujifilm und ich konnte mich noch zu meiner Analogzeit
zurückerinnern, da war Fuji noch wirklich eine Größe in der Fotobranche. Ich habe einen Freund, der schon seit Jahren auf Fujifilm schwor und so fuhr ich zu ihm und lieh mir seine XT-1 mit dem
23ger und dem 56ger aus. Er wollte mir seine X-Pro2 mitgeben, aber schnell war klar, dass ich eben der XT meine Gunst geschenkt hatte. Denn dieser Retro-Look und die Drehrädchen waren genau das,
was eben diametral zu dem ganzen neumodischen Kameras war. Ich mag nicht in Menüs alles einstellen sondern liebe das manuelle Handling.
Vielleicht auch interessant für diejenigen, die mich und meine Arbeiten nicht kennen: Ich fotografiere nur nebenberuflich, hier hauptsächlich Hochzeiten als Ganztages-Reportagen, und sehr oft just for fun Portraits und Streetstyle auf tfp-Basis. Also beides Themen, bei denen eine schlichte, leichte Ausrüstung von Vorteil ist. Auf Hochzeiten, wenn man den ganzen Tag mit der 6D samt Batteriepack und 70-200mm dran rumläuft, merkt man es schon sehr … und bei den Models-Shootings ist es schon sehr cool, wenn man durch die Stadt „mit leichtem Gepäck“ läuft, immer auf der Suche nach einem neuen Spot.
So hatte ich mein erstes Shooting mit Fujifilm und bin einigermaßen zu Recht gekommen. Sicherlich lief nicht alles so rund wie bei meiner Canon, aber ich hatte ein geduldiges Model und so bekam ich doch gute Bilder in den Kasten. Das Gute an der XT ist eben das „what-you-see-is-what-you-get“ und dass man eben durch den Sucher schon das Bild sieht, wie es am Ende aussehen wird. Da kann man an den Reglern sofort die Veränderung am Bild sehen. Zuhause angekommen überzeugte mich die Bildqualität. Selbst bei kompletter Offenblende hatte ich knackscharfe Ergebnisse. Ich hatte an meiner Canon ja auch das 50ger 1.2, das war meine absolute Lieblingslinse, jedoch habe ich mich nie getraut offenblendiger als 1.8 zu gehen. Und vielleicht ist es nur subjektiv, aber ich finde, dass die Bilder mit der XT-2 einfach schärfer werden. (OK, die Schärfe ist nicht alles, das Bild muss wirken, dennoch ärgert mich es schon sehr, wenn ein super Bild nicht scharf ist)
Als ich dann ein extrem faires Angebot für eine
gebrauchte XT-2 plus 23mm 1.4 (in Vollformat wäre es ein 35ger) und ein 56mm 1.2 (85mm Vollformat) schlug ich zu und kaufte mir einfach das Paket. So gleich machte ich ein Shooting aus um die
Kamera zu testen. Auch diese Bilder überzeugten mich und ich probierte immer mehr aus. Gegenlichtaufnahmen sind zum Beispiel viel einfacher.
Ich hatte also vier Shootings hinter mir, da kam die erste Hochzeit des Jahres auf mich zu. Zum
Glück nur eine kleine Geschichte (nur Standesamtlich und anschließend Brautpaarbilder) aber ich hatte zur Not noch meine komplette Canon-Ausrüstung im Auto. Allerdings war die Trauung auf der
Nürnberger Burg sodass ich mich entschied, eben nur die XT-2 mit den beiden Objektiven mitzunehmen. Ich kam zurecht und, obwohl mich das wechseln der Linsen schon sehr nervte, war ich mit den
Ergebnissen und vor allem dem Gewicht das ich zu schleppen hatte, mehr als zufrieden.
Tags drauf war dann meine erste Ganztageshochzeit die
auch sehr erfolgreich war. Lediglich das Objektivwechseln war nervig und bei der Abendveranstaltung im geschlossenen Raum und beim Diskolicht kam ich zum ersten Mal an die Grenzen. Der kleine
Blitz, der Serienmäßig bei der Kamera dabei ist, war für mich von Vorneherein raus, da ich den harten Schlagschatten nicht mag und eigentlich immer an die Decke blitze. Also hab ich mir einen
Original Fujifilm Blitz zugelegt. Jedoch bin ich wegen der Schnelligkeit des Fokus und der Regenerierungszeit des Blitzes mit dem Fujifilmsystem nicht zufrieden. So bin ich gezwungen, sobald ich
Blitzen muss, auf CANON umzusteigen.
Kurz darauf habe ich das
„Problem“ mit dem Wechseln der Objektive gelöst, indem ich mir einen zweiten XT-2-Body gekauft habe. Es gab eine coole Aktion von Fujifilm, dass man beim Kauf einer XT-2 zu diesem Zeitpunkt den
Batteriepack (bei Fujifilm Powerbooster genannt) umsonst bekommt. Und da dieser auch 350 EUR kostet und ich einen guten Preis für den silbernen Body der XT-2 von dem Fotohändler meines Vertrauens
bekam, habe ich eben zugeschlagen.
So lauf ich also auf Hochzeiten mit so einem Doppelkameragurt rum, auf
der eine Seite mit dem 23ger und auf der anderen dem 56ger Objektiv. Das klappt super und vom Gewicht her ist es auch ganztags OK.
Auch habe ich die Fuji noch nicht ausgiebig im Studio getestet. Hier sind die Vorteile (Gewicht, Größe, und Iso-Werte) aber überhaupt nicht relevant, vor allem weil das „what-you-see-is-what-you-get“ eben außer Kraft gesetzt ist. Daher hatte ich bisher bei dem einen Studioauftrag eben auf mein vertrautes Canon-Equipment zurückgegriffen. Ist eben auch Vollformat und im Studio fotografiere ich gern mit dem 70-200mm.
Resümee:
Ich habe noch mehr Lust aufs Fotografieren, denn das leichte Gewicht, die handlichere Größe und das Fotografieren bei
Tageslicht macht einfach mega viel Spaß. Nachteile hab ich eben bei Dunkelheit und Flackerlicht auf Feiern, wo der Focus eben schnell sitzen und der Blitz schnell regenerieren muss. Daher kann
ich mich noch nicht von meinen CANON Equipment trennen. Dennoch hab ich den Umstieg bisher noch nicht bereut. Und ich erschrecke immer wieder, wenn ich mal die Canon wieder in die Hand nehme, was
das für ein riesen Teil ist.
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Carsten (Freitag, 22 September 2017 10:25)
Sehr schöner Beitrag, Gregor!
Finde du zeigst hier schön die Vorteile auf, und verweist dennoch auf die Nachteile, die du erkennst.
Aber mal ehrlich. Die Fuji ist schon schickes Gerät ;)
Matthias (Freitag, 22 September 2017 15:46)
Das deckt sich alles genau mit meinen Erfahrungen. Ich bin allerdings komplett umgestiegen, trotz der AF-Schwächen bei schlechtem Licht. Auf der Tanzfläche hat man meist mehr als eine Chance auf ein gutes Foto und bisher hat es noch immer hingehauen... Meine Berichte zum Umstieg finden sich in meinem Blog. LG Matthias